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Hoffnung existiert sogar im kältesten Winter, solange Freundschaft sie nährt.

Erfahrungen über den Neubeginn in der Schweiz aus der Sicht eines Geflüchteten bei fokusnetzwerk

Triggerwarnung: In diesem Blogbeitrag werden schwierige Themen explizit angesprochen, die unangenehme Gefühle hervorrufen können.


In den Nachrichten und sozialen Medien lesen wir viel über Zahlen. Zahlen von Menschen, die in die Schweiz flüchten. Zahlen von Menschen, die das Land wieder verlassen müssen und von denjenigen, denen Asyl gewährt wird. Aber welche Menschen stecken hinter den Zahlen? Was denken, fühlen sie? Was für Wünsche haben sie? Was bereitet ihnen Freude, was Angst? Wer sind ihre liebsten Menschen? Es ist wichtig, in der Migrationsdebatte auch einen Blick hinter die Zahlen zu werfen, persönliche Geschichten anzuhören und den Menschen eine Stimme zu geben. Ein Mentee bei fokusnetzwerk hat uns einen sehr berührenden Text geschrieben, den wir in diesem Blog teilen möchten.


Während wir unser Leben lang Erfahrungen sammeln, erkennen wir, dass jeder Mensch seine eigene Weltanschauung und Gefühlswelt hat. Daher haben wir die Fähigkeit, uns nicht nur in unsere Angehörige, sondern auch in die gesamte Menschheit einzufühlen. Wenn wir mitfühlend sind, schliesst sich der Kreis der Empathie: Wir erkennen den Schmerz anderer, wir fühlen empathische Fürsorge und wir sind motiviert, den Schmerz anderer mit unserem Mitgefühl zu lindern. Als Menschen sind wir soziale Wesen und können uns in die Situation anderer hineinversetzen.

Die Frage, ob das Herkunftsland Schicksal ist, wird seit Jahren gestellt. Wir sind jedoch nicht an der Entscheidung beteiligt, in welchem Land wir geboren werden. Du bist in der Türkei geboren und arbeitest dein ganzes Leben und beendest die Universität. Nachdem du ins Geschäftsleben eingetreten bist und zwanzig Jahre gearbeitet hast, wird dein Job, deine Freiheit, deine Familie, dein Eigentum, dein soziales Umfeld, dein Land, kurz gesagt, alles von dir genommen und du wirst zurückgelassen. In der Schweiz kann ich ein sichereres Leben führen als in meiner Heimat. Dafür bin ich sehr dankbar.

Aber weisst du, wie es ist, in einer anderen Region ganz von vorne anzufangen? Stell dir vor, du weinst heimlich, weil du dich alleine fühlst. Stell dir ein Leben vor, in dem die Menschen dich nicht oder nur zum Teil verstehen, Schwierigkeiten haben zu verstehen, wenn du ihnen erzählst, was du durchgemacht hast, und deine persönliche Geschichte und Karriere keinen Sinn ergibt. Dazu kommt das Leben getrennt von geliebten Menschen, das Gefühl der Unzulänglichkeit, wirtschaftliche Probleme und das Alleinleben, das Erlernen einer neuen Sprache, die Aneignung einer neuen Umgebung, Zukunftsängste, sozialer Druck, Mobbing etc. Dein ganzes Leben wurde dir genommen, zusammen mit deinen Erinnerungen und Erfahrungen.

In diesen Momenten wird das Leben manchmal sehr schwierig und wir verlieren unsere Vitalität und Lebensfreude. An diesem Punkt wünschen wir nur ein wenig Unterstützung. Menschen können so grausam zu Menschen sein, deren Geschichten wir nicht kennen. Ein einziges nettes Wort mit einem Lächeln kann jedoch den ganzen Tag eines anderen aufhellen und dazu führen, dass er am Leben festhält. Es kann ihm ungemein helfen, motiviert zu bleiben und proaktiv zu sein.

An dieser Stelle möchte ich mich für die sinnvolle und wertvolle Arbeit von fokusnetzwerk bedanken. Durch fokusnetzwerk erhielt ich eine freiwillige Mentorin, die mich in vielerlei Hinsicht unterstützt hat. Bei unseren Treffen haben wir uns in Deutsch unterhalten und ich konnte nicht nur meine sprachlichen Fähigkeiten stärken, sondern auch Vieles über das Leben in der Schweiz lernen. Meine Mentorin hat mir die Unterstützung gegeben, die ich mir gewünscht habe und dafür danke ich ihr von Herzen. Hoffnung existiert sogar im eiskalten Winter, solange Freundschaft sie nährt.


Hat dich dieser Text genauso berührt und getroffen wie uns? Möchtest du auch eine geflüchtete Person unterstützen und ihr in ihrer oft schwierigen Situation Empathie und Hilfe schenken? Dann melde dich gerne bei uns für ein Infogespräch. Seit 2017 begleiten wir Tandems mit regelmässigen Gesprächen, stehen bei Fragen zur Verfügung und suchen bei Schwierigkeiten gemeinsam nach Lösungen.   

Hinweis: Dieser Blogbeitrag widerspiegelt die persönlichen Erfahrungen eines Geflüchteten bei fokusnetzwerk.

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