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Die Kraft der Klänge und Rhythmen. Wie Musik verbindet und in Tandems genutzt werden kann.

„Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber zu schweigen unmöglich ist.“ sagte schon Victor Hugo. Wenn die Heimat weit weg ist, wenn der neue Ort und seine Sprache noch fremd sind, kann Musik wie keine andere Kunstform bewegen und verbinden. In einer Welt, die oft von Konflikten und Missverständnissen geprägt ist, kann Musik eine kraftvolle Brücke zwischen Menschen und Kulturen sein.

Verbindende Musik

Wer kennt das nicht – ein Lied reicht aus, um über Raum und Zeit hinaus zu reisen: in die Kindheit, in den Urlaub, in einen anderen Kontinent, in die erste Verliebtheit, in die Zeit der Festlichkeiten, an einen vertrauteren Ort, der weit weg sein mag. Musik vermag es, Menschen auch über weite geographische und zeitliche Distanzen zu verbinden. Keine Kunstform wirkt so unmittelbar emotional wie die Musik.

Für viele geflüchtete Menschen ist Musik ein wichtiger oder sogar einer der einzigen Verbindungspunkte zu ihrer Heimat. Sie ist geprägt mit Erinnerung an Familienfesten oder schöne Momente, die Muttersprache, die Landschaft, die Geschichte, die vertrauten Menschen. Musik überwindet räumliche und zeitliche Grenzen und kann identitätsstiftend sein, wenn sich alles andere noch fremd anfühlt.

Musik erlaubt einen emotionalen Ausdruck, der mit Sprache allein oft nicht möglich wäre. Dies kann besonders wertvoll für Geflüchtete sein, die traumatische Erfahrungen verarbeiten müssen. Durch die Musikerfahrung können diese Emotionen geteilt werden, ohne dass im Tandem auf das Geschehene konkret eingegangen werden muss. Die Musik spricht für den Schmerz, die Sehnsucht, die Schönheit, das Heimweh und durch das gemeinsame Zuhören erfahren diese Gefühle eine wertvolle Resonanz.

Auch fürs Ankommen in der neuen Heimat kann Musik eine wichtige Rolle spielen.  Sie kann eine Kultur nahebringen und bietet Möglichkeiten, sie durch andere Kanäle zu erforschen, auch wenn die sprachlichen Kenntnisse noch nicht vorhanden sind. So sind zum Beispiel in der Schweiz Instrumente wie das Alphorn und Traditionen wie das Jodeln stark verbunden mit der alpinen Landschaft und Lebensweise. Durch das Jodeln und das Alphorn kann die Berglandschaft für neu Angekommene auf eine unmittelbare Art sinnlich erfahrbar werden, was dann auch eine Verbindung zu den Menschen schafft, die diese bewohnen und tönen lassen. 

Transkulturelle Begegnung durch Musik

Musik als universal verständliche Sprache der Menschheit zu sehen, galt in der Ethnomusikologie lange als eine heikle und veraltetete These. Zu unterschiedlich sind die Arten und Weisen, wie Menschen an verschiedenen Orten auf der Welt Musik machen, hören, für verschiedene Zwecke brauchen und verschiedenes miteinander musikalisch kommunizieren. Manchmal ist Musik ein Ausdruck von sozialer Zugehörigkeit und Gemeinschaft, manchmal Ausdruck von Abgrenzung und Rebellion. In manchen Traditionen ist sie stark reguliert und an die Zeit gebunden, in der die Musik komponiert wurde, und anderswo wieder gibt es komplexe Modi, die das Gerüst für freie Improvisationen bilden. Musik kann mit Spiritualität verbunden sein, Rituale und Feste einbetten, Ausdruck von Protest und Widerstand sein, Poesie vertonen, Geschichten und Traditionen überliefern, identitätsstiftend sein.

Trotz all dieser unterschiedlichen Facetten von Musik, wird in der Musikethnologie doch mittlerweile wieder davon ausgegangen, dass bestimmte Elemente der Musik universal sind. So wirkt zum Beispiel ein Wiegenlied durch seinen langsamen und sanften Charakter über alle Kulturen hinweg beruhigend. «Die menschliche Musikalität basiert grundlegend auf einer kleinen Anzahl von fixen Säulen: fest einprogrammierten Prädispositionen, die den Menschen durch die uralte physiologische Infrastruktur unserer gemeinsamen Biologie mitgegeben wurden. Diese ‚musikalischen Säulen‘ werden dann mit den Eigenheiten jeder individuellen Kultur ‚gewürzt‘, aus dem das kaleidoskopische Sortiment hervorgeht, welches wir in der Weltmusik finden», erklärt Tudor Popescu, Musikethnologe an der Universität Wien. Und sicher ist, dass Musik an sich Menschen kulturunabhängig berühren und bewegen kann, auch wenn die kontextbedingte Sozialisierung nicht vorhanden ist.

Musikalische Dialoge im Tandem

Für ein Tandem ist Musik ein sehr wertvolles Medium, um sich gegenseitig kennenzulernen, emotional nahzukommen und einen Einblick in die Kultur der anderen Person zu bekommen. Es kann so einfach sein, dass man Musik miteinander austauscht und sich gegenseitig Lieder zeigt, die einen zurzeit bewegen. Es bietet Gesprächsstoff aber vermittelt auf der zwischenmenschlichen und emotionalen Ebene auch sehr viel über den Menschen, ohne ein einziges Wort sagen zu müssen. Weiterhin könnte man sich im Tandem gegenseitig einfache Lieder beibringen, und diese gemeinsam singen. Mit der menschlichen Stimme gesungene Musik berührt auf eine ganz besondere Weise.

Vielleicht hat das eine oder andere Tandem schon ausprobiert, gemeinsam zu musizieren? Das kann für ein Tandem sehr spannend sein! Wie auch im Tandem ist beim Musizieren eine Eigenschaft besonders wichtig: das gegenseitige Zuhören. Wer seinen Mitmusizierenden aufmerksam zuhört, kann auch auf sie reagieren und einen musikalischen Dialog hervorbringen. Dabei kann sehr viel Interessantes voneinander gelernt werden. Andere Instrumente, andere Rhythmen oder Harmonien, ungewohnte Zusammenkünfte von musikalischen Einflüssen führen zu einem transkulturellen Musikdialog auf Augenhöhe. Und die Freude am Spielen darf natürlich auch nicht vernachlässigt werden!

Sprachen lernen mit Musik

ABCDEFG… habt ihr auch eine Melodie im Kopf, wenn ihr das lest? Mit Musik lässt sich vieles besser merken, denn die Melodie und der Rhythmus dienen als Gedankenstütze, um den Inhalt besser festzuhalten. So bieten sich gesungene Lieder perfekt an zum Sprachen lernen. Lieder bieten natürliche Wiederholungen von Wörtern und Strukturen. Beim Musikhören arbeitet das Sprachzentrum des Gehirns nämlich mit, neben zahlreichen anderen Gehirnzentren, die auch durch Musik aktiviert werden. Und selbst wenn man beim Zuhören nicht aktiv auf den Text achtet, kommen einem die Wörter, die man öfter in Liedern gehört hat, bekannt vor, wenn man ihnen nochmals begegnet und der Wortschatz wird erweitert. Im Tandem bieten sich Liedertexte ideal an, um zusammen Deutsch zu üben. Zeigt euch gegenseitig eure Lieblingslieder, übersetzt sie, singt sie sogar zusammen! Durch Mitsingen trainiert man auch die Aussprache und Intonation der Fremdsprache. Mit Musik macht das Sprachenlernen viel mehr Spass und sorgt garantiert für lehrreiche Ohrwürmer.

Fazit

Musik hat die einzigartige Fähigkeit, Menschen über Ort und Zeit, kulturelle und sprachliche Grenzen hinweg zu verbinden. Sie wirkt unmittelbar und schafft Räume der Begegnung und Interaktion auf Augenhöhe, auch ohne eine gemeinsame Sprache. In einem Tandem entstehen durch das Teilen von Musik oder sogar gemeinsames Musizieren und Singen wertvolle transkulturelle und zwischenmenschliche Dialoge, die das gegenseitige Verständnis vertiefen.

Für Geflüchtete kann Musik eine wichtige Verbindung zur Heimat darstellen und gleichzeitig ein Tor zur neuen Kultur öffnen. In einer Zeit, in der Integration eine grosse gesellschaftliche Herausforderung darstellt, erweist sich die Erfahrung der emotionalen Resonanz durch Musik als wertvolles Instrument zur Förderung von Verständnis und Zusammenhalt. Letztendlich zeigt uns die Musik, dass wir trotz aller Unterschiede eine gemeinsame Sprache sprechen können – die universelle Sprache der Melodien und Rhythmen, die unsere Herzen berührt und uns verbindet.

Hat dich dieser Artikel inspiriert, Musik in deine Tandemtreffen zu integrieren? Dann pack deine Spotify Playlists aus, studier die Konsertkalender in deiner Nähe, stimm deine Stimmbänder, spitz deine Ohren!

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Quellen

(letzter Zugriff 15.10.24)

  • https://de.babbel.com/de/magazine/sprachen-lernen-mit-musik
  • https://www.kubi-online.de/artikel/diversitaetsbewusste-soziale-arbeit-musik-welt-migrationsgesellschaft/
  • https://medienportal.univie.ac.at/media/aktuelle-pressemeldungen/detailansicht/artikel/menschliche-musikalitaet-verbindet-alle-kulturen/
  • https://miz.org/de/beitraege/migration-integration-und-musik/

 

 

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