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Abenteuer Sport: Bewegende Berichte aus fernen Ländern 

Die Welt überrascht immer wieder mit unbekannten Kulturen, fremden Traditionen und neu entdeckten wundervollen Sitten. Auch in der Sportwelt kann ein neugieriger Mensch Rares entdecken, wenn er über den eigenen Horizont hinwegblickt. Ich mache es mir zur Aufgabe, jene sportliche Aktivitäten zu streuen, die von ethnischen Gruppen gelebt werden und eine lange Tradition mit sich tragen. Ich berichte über Buzkashi aus Afghanistan und Voodoo-Wrestling aus dem Kongo und fordere dazu auf, das Fremde zu lernen und zu verstehen.

Warum ist es wichtig, fremde Sportarten kennenzulernen?

Sport ist ein bedeutendes soziales Phänomen, das weit über körperliche Betätigung hinausgeht und die Gesellschaft prägt. Er führt individuelles Denken in kollektives Handeln und schafft Räume, in denen Menschen unabhängig von Herkunft oder sozialem Status zusammenkommen. Durch gemeinsame Ziele und Werte fördert der Sport die Inklusion und baut Barrieren ab. Dabei entsteht ein Gefühl der Zusammengehörigkeit, das soziale Unterschiede in den Hintergrund rücken lässt. Nicht zuletzt stärkt er durch gemeinsame Erlebnisse das Vertrauen und die Solidarität innerhalb der Gemeinschaft. Das Kennenlernen fremder Sportarten spielt dabei eine besondere Rolle, da es die Möglichkeit bietet, andere Kulturen und Perspektiven zu entdecken. Jede Sportart trägt die Traditionen und Werte ihrer Herkunftsländer in sich und eröffnet so einen einzigartigen Zugang zu neuen Lebenswelten. Dadurch können Vorurteile abgebaut und interkulturelle Kompetenzen gestärkt werden. Zudem fördert das Ausprobieren unbekannter Sportarten die Offenheit und Neugier, was in einer globalisierten Welt essenziell ist, um das Verständnis und die Akzeptanz zwischen unterschiedlichen Kulturen zu vertiefen.

Ich habe mich vertieft mit Buzkashi und Voodoo-Wrestling auseinandergesetzt. Es sind hoch interessante Sportarten, die aber im Bewusstsein der Schweizer Bevölkerung noch nicht weit verbreitet sind. Viele geflüchtete Menschen aus Afghanistan finden den Zugang zu unserer Organisation und das hat mich auf die Idee gebracht, mich näher mit Buzkashi auseinanderzusetzten. Mich nimmt wunder, was ich durch das Hineindenken in die Nationalsportart von Afghanistan über ihre Kultur erfahren kann. Gleichzeitig fasziniert mich, wie Voodoo-Wrestling die Spiritualität und Magie mit dem Sport verbindet.

Buzkashi: Der Kampf um eine Ziege

Auf einer offenen weiten Ebene rasen die Reiter mit ihren Pferden über den staubigen Boden. Eine Mischung aus Grass und Steinen prägt diese Steppe. Die Peitschen knallen, die Pferde wiehern und die Reiter rufen. Das Johlen und Gelächter der Zuschauer lockern die Szenerie auf und machen diesen Moment einzigartig. Immer wieder kehren die Zuschauer zu diesem Spektakel zurück, fasziniert von der unermüdlichen Energie der Reiter, die im höchsten Tempo durch die Gegend rasen. Lange ist unklar, mit welcher Absicht sie sich gruppieren und Rudel bilden. Dann scheinen es auch die letzten Laien zu bemerken: Die Athleten kämpfen um eine Ziege.

Die Suche nach schriftlich festgelegten Regeln endet erfolglos. Buzkashi folgt ungeschriebenen Normen und inoffiziellen Regelmässigkeiten. Es handelt sich um ein traditionsreiches und waghalsiges Reiterspiel, das vor über 700 Jahren in Afghanistan entstand und bis heute Nationalsport und Publikumsmagnet ist. Der Begriff Buzkashi bedeutet wörtlich die Ziege packen (buz = Ziege, kashidant = ziehen) und lässt sich als eine Art Rugby auf Pferden beschreiben. Im Mittelpunkt des Spiels steht der Boz, ein etwa 60 Kilogramm schwerer Kadaver einer Ziege, den die Reiter während des Spiels im vollen Galopp aufheben und behaupten müssen. Die Spielformen wechseln zwischen Mannschaftswettbewerben und Jeder-gegen-jeden-Formaten, wobei das Geschehen oft chaotisch erscheint und selten auf Teamwork ausgelegt ist. Manchmal treten über 100 Reiter gleichzeitig an.

Die Reiter sind als Chopendoz bekannt und gelten als besonders zäh und widerstandsfähig. Verletzungen sind hier an der Tagesordnung, doch die tapferen Spieler steigen häufig nach Stürzen sofort wieder auf ihre Pferde. Die besten unter ihnen werden Chapanzad genannt. Die Buzkashi-Pferde sind besonders robust und speziell für das Spiel ausgebildet. Im Gedränge drücken sie sich durch, beissen und stossen Gegner weg. Ziel des Spiels ist es, den Boz in einen festgelegten Bereich zu befördern. In der Tudabarai-Variante reicht es, den Boz aus einem Startzirkel hinauszubewegen. Bei der Qaranjai-Variante wird eine Runde um eine Fahnenstange und das erfolgreiche Befördern des Boz in einen Punkte-Zirkel vorausgesetzt. Das Spielfeld ist eine weite Steppe ohne feste Begrenzung. Die Spielzeit endet in vielen Begegnungen erst, wenn der Boz in Stücke gerissen ist. Manche Partien erstrecken sich über mehrere Tage.

 Voodoo-Wrestling: Der Glaube an die Magie

Was hier in Kinshasa passiert, ist einzigartig und in diesem Bewusstsein werden die Voodoo-Kämpfe zelebriert und leidenschaftlich gelebt. Die Kämpfer scheinen Helden zu sein. Sie kommen auf Traktoren und Motorrädern daher, hinter ihnen eine treibende Menschenmenge von singenden Fans. Der erste Kampf ist bereits gestartet. Beide Opponenten tragen traditionelle Stammesbekleidung und sind mit Farbe bemalt. Was wie ein typischer Wrestling-Match beginnt, endet auf unbekannte Weise: Einer der Kämpfer lässt den anderen mit speziellen Handbewegungen erstarren. Der zu Beginn heftige Kampf endet nun in einem mühelosen Sieg. Der Glaube an die Magie macht es möglich oder steckt tatsächlich eine höhere Macht dahinter?

Catch Fétiche, auf Deutsch Voodoo-Wrestling, ist eine Kampfsportart aus dem Kongo. Sie vereint traditionelles afrikanisches Wrestling mit spirituellen Ritualen. Edingwe Moto gilt als Gründer dieser Sportart. Er liess sich in den 80er-Jahren von der US-Wrestling-Legende Hulk Hogan inspirieren. Edingwes grösster Beitrag war die Einbindung von Fétiche. Das ist eine Form von Voodoo, welche die Kämpfe beeinflusst. Diese Idee kam ihm durch den Einfluss des ehemaligen Präsidenten Mobutu. In den 70er Jahren hatte Mobutu eine Kulturpolitik ins Leben gerufen, die sich gegen koloniale Einflüsse richtete und eine Rückkehr der authentischen Traditionen forderte. Auch wenn diese Politik später an Popularität verlor, blieb Voodoo in den Kämpfen verankert.

Heutzutage gehört Catch Fétiche zu den beliebtesten Sportarten in der Demokratischen Republik Kongo. Die Wrestler geniessen grosse Berühmtheit und in Kinshasa gibt es in fast jedem Viertel einen bekannten Kämpfer. Die grössten Stars der Szene können sich kaum frei bewegen, ohne von Fans umringt zu werden. Im Ring setzen die meisten Kämpfer auf Voodoo und meiden den direkten Körperkontakt, während die Techniker sich rein auf ihre physischen Fähigkeiten konzentrieren. Die mystischen Aspekte des Catch Fétiche wirken auf viele Aussenstehende befremdlich. Der Einsatz von Magie ist für neue Zuschauer ungewohnt.

Fazit

Die Auseinandersetzung mit Buzkashi und Voodoo-Wrestling hat mir eindrucksvoll gezeigt, wie tief verwurzelt Sport in den kulturellen Traditionen und Werten unterschiedlicher Gesellschaften ist. Jede dieser Sportarten bringt einzigartige Aspekte mit sich. Buzkashi lehrt mich über die Bedeutung von Ausdauer, Mut und die Verbindung zwischen Menschen und Tieren in Afghanistan. Voodoo-Wrestling aus dem Kongo verbindet Spiritualität und Magie mit körperlicher Ausdruckskraft und schafft eine Verbindung zwischen Glauben und sportlicher Leistung, die in westlichen Sportkulturen kaum vorstellbar ist. Für mich hat sich der Horizont erweitert und ich habe das Gefühl, kulturelles Wissen angeeignet zu haben. Um fremde Kulturen zu verstehen, muss man sie zuerst kennenlernen, das ist ein wichtiger Teil des gegenseitigen Verständnisses.

Tauschst du dich in deinem Tandem oder in deinem Umfeld über Sportarten aus und lernst Kulturen aus einer neuen bewegenden Sichtweise kennen?

Hinweis Blogeintrag

Wenn du Interesse hast, weitere Informationen über die Wirkung von Sport und/oder seine Bedeutung im Tandem zu erhalten, dann ist dir der folgende Blogartikel zu empfehlen: «Sport hat die Kraft, die Welt zu verändern» – Wie Sport uns verbindet. Hier geht’s zum Blogbeitrag

Quellen

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